Ein letztes Mal noch Playoffs am Pulverturm: Die Zeit von Kapitän und – ja, man kann ihn mittlerweile so nennen – Tigers-Legende Sandro Schönberger neigt sich dem Ende entgegen. In wenigen Wochen wird der 37-Jährige seine DEL-Laufbahn beenden und zu seiner Familie nach Reichersbeuren in Oberbayern zurückkehren. 15 Jahre wird er dann für die Tigers aktiv gewesen sein. Anlass genug, um mit ihm über diese Zeit zu sprechen – und natürlich auch über all das, was noch kommen soll.
Sandro, mit welchem Gefühl gehst Du in die entscheidende Phase? Ist vielleicht ein bisschen Angst da, dass irgendwann der Moment kurz vor Schluss in einem Spiel kommt, wo Du weißt, in ein paar Minuten ist es definitiv vorbei?
Gute Frage – ich glaube, das weiß ich erst, wenn es soweit ist. Natürlich denkt man langsam ein bisschen daran, dass es irgendwann danach vorbei ist und ich sauge die Momente mit den Jungs in der Kabine jetzt auf. Ich würde nicht sagen, dass ich Angst habe, vor diesem Moment. Das ist vielleicht der falsche Ausdruck, ich würde es eher Respekt nennen.
Ab wann hast Du gewusst, dass Straubing nicht nur eine kurze Station in einer Profilaufbahn ist, sondern Dein Lebensmittelpunkt als Eishockey-Profi?
Wir haben uns von Anfang an wohl gefühlt. Mir hat es gefallen und ich habe mich von Anfang an mit dem Club und der Stadt identifiziert. Und als dann unser erstes Kind hier zur Welt gekommen ist, da war dann für mich eigentlich klar, dass ich in der DEL nirgendwo anders mehr hingehe. Ich bin sehr dankbar für diese lange Zeit und hätte es mir im Nachhinein nicht schöner wünschen können.
Zeitgleich mit Dir ist z.B. Michael Baindl im gleichen Alter gekommen. Eigentlich hatte man ihm ja eine größere DEL-Karriere vorhergesagt, aber er konnte sich nicht durchsetzen auf Dauer gesehen…
Es gab viele, die da waren und sicherlich talentierter waren als ich, es aber nicht geschafft haben. Ich war immer diszipliniert und ehrgeizig und so hat sich das bei mir dann entwickelt.
Eine Entwicklung, die Dich auch zum Kapitän hat werden lassen. Musstest Du in diese Rolle auch erst reinwachsen?
Ich musste da schon erst reinwachsen. Ich war zwar im Nachwuchs auch schon längere Zeit Kapitän. Aber bei den Straubing Tigers bin ich ja doch relativ jung Kapitän geworden und habe dann sicherlich auch einige Fehler gemacht. Aber aus diesen Fehlern lernt man. Und ich denke, es ist auch normal, dass man dann nicht gleich alles richtig machen kann.
Nach 15 Jahren ist es dann sicherlich eine Zäsur, ein Lebensabschnitt geht zu Ende. Hast Du Dir schon Gedanken gemacht, ob Du diesen dann ganz bewusst hinter Dir lassen wirst oder wird man Dich auch in Zukunft noch immer wieder mal in Straubing sehen?
Es war eine lange Zeit und wir haben hier viele Freunde gefunden, meine Kinder sind auch hier geboren. Ich werde sicherlich immer regelmäßig in Straubing vorbeischauen, auch wenn es nicht jede Woche sein wird.
Weiterspielen wirst Du unterklassig aber definitiv?
Ja, definitiv. Der Schnitt wäre sonst zu groß für mich persönlich und das würde sicher auch meine Frau nicht gut finden. Ich werde sicherlich schon noch mindestens ein Jahr dranhängen. Ich habe mir auch schon Gedanken gemacht, aber ich habe von Anfang an gesagt, ich möchte mich jetzt erst auf diese Saison konzentrieren und konkrete Gespräche darüber erst nach der Saison führen.
15 Jahre, viele hundert Spiele – welche sind Dir am ehesten in Erinnerung geblieben?
Da gibt es einige Momente: Da war natürlich die Saison 2011/12 mit dem Halbfinale und dort besonders das Spiel drei der Best-of-Five-Serie im Halbfinale in Berlin. Wir hatten die ersten beiden Spiele verloren, hatten viele Ausfälle und niemand hat mehr etwas auf uns gegeben. Aber wir haben ein brutales Spiel gezeigt und eines unserer besten Spiele überhaupt jemals gemacht und die Serie noch einmal nach Straubing gebracht. Überhaupt wenn man sieht, welchen Spielerstamm wir damals hatten – das ist ja kein Vergleich zu heute. Dann das vorletzte Saisonspiel 2020 in München vor Corona, als wir eigentlich die erste CHL-Qualifikation perfekt gemacht hatten, die ja dann später wegen Corona hinfällig war. Das war unglaublich, da nach dem Spiel vor der Kurve zu stehen. Und dann natürlich die CHL-Spiele in der letzten Saison – das waren unvergessliche Erlebnisse gemeinsam mit der Mannschaft und den Fans. Und ich hoffe natürlich, dass in dieser Saison noch ein Höhepunkt hinzukommt.
Du hast den Spielerstamm von vor gut zehn Jahren angesprochen. Nun steht man zum fünften Mal in Folge seit 2020 direkt im Viertelfinale. Das war damals undenkbar…
Da sieht man die Entwicklung des gesamten Vereins. Du kannst mal ein- oder zweimal da vorne reinrutschen. Aber das fünfmal in Folge zu schaffen, ist schon ein Statement. Da können wir wirklich sehr stolz sein. Es muss aber auch jeder in Straubing wissen, dass es auch mal Jahre geben wird, in denen das nicht klappt. Denn das in dieser Konstanz zu schaffen, ist definitiv etwas Besonderes.
Aber man hat so ein bisschen das Gefühl, als würde das im Umfeld zur Normalität werden mittlerweile, obwohl das nur zwei Teams seit 2020 geschafft haben…
Ja, die Erwartungshaltung ist schon gestiegen. Deshalb mahne ich ja auch, dass jedem bewusst ist, dass man auch zusammenhält, wenn es mal nicht so läuft und dass diese Jahre kommen können. Das muss Straubing auszeichnen, in guten und in schlechten Zeiten zusammenzuhalten. Natürlich genießt jetzt jeder die Zeit, aber man darf nicht vergessen, wo man herkommt und welche finanziellen Mittel Straubing zur Verfügung hat und welche Mittel andere Clubs zur Verfügung haben.
Gerade wenn man bedenkt, welche Teams mit welchen (finanziellen) Möglichkeiten man auch in dieser Saison wieder hinter sich lässt – Mannheim, Köln, Ingolstadt zum Beispiel. Mannschaften, die man in den Top Vier verortet hätte.
Definitiv. Wir spielen eine Saison über dem Limit. Es greift einfach jedes Rädchen ineinander bei uns. Diese Saison hätten uns nach den Abgängen sicherlich viele nicht zugetraut.
Was siehst Du als Erfolgsfaktor in dieser Saison – trotz der von Dir angesprochenen Abgänge?
Ich glaube, dass wir insgesamt erwachsener als Mannschaft geworden sind. Auch das defensive Spiel liegt uns wohl besser.
Nun seid Ihr in den Playoffs – seit 2016 wartet man auf eine gewonnene Playoff-Serie, hat zuletzt fünf Serien in Folge verloren. Was macht Dich optimistisch, dass es in diesem Jahr anders sein wird?
Wie ich gerade gesagt habe: Ich denke, dass die Mannschaft vom Kopf her erfahrener und reifer ist. Das kann ein großes Faustpfand sein, auch dass wir defensiv besser stehen als in den Vorjahren. Das stimmt mich schon optimistisch.
Es wurde zuletzt auch viel über das Heimrecht in den Playoffs geredet. Ist das überhaupt so wichtig? In den letzten Jahren hatte man immer Heimrecht, ist aber trotzdem nicht weitergekommen und hat in den Playoffs 50 Prozent der Heimspiele seit 2022 verloren.
Puh, eine schwierige Frage. Natürlich will man mit Heimrecht in eine Serie rein starten. Aber ganz ehrlich: Wenn du eine Playoff-Serie gewinnen willst, dann musst du auch auswärts gewinnen.
Spielen die Reisen in den Playoffs eine Rolle?
Die Reisen haben beide Teams. Das gleicht sich aus in der Serie.
Die Liga ist in den vergangenen Jahren deutlich ausgeglichener geworden in der Hauptrunde. In den Playoffs haben seit 2005 und damit seit 19 Jahren aber bis auf zwei Ausnahmen (2010 Hannover, 2014 Ingolstadt) stets Berlin, München oder Mannheim den Titel geholt…
Da machen es dann am Ende halt die, die das meiste Geld haben. Weil sie einfach den breitesten und tiefsten Kader haben. Die haben da natürlich einen Vorteil. Aber trotzdem hat es immer mal wieder eine Überraschung auch in den Playoffs gegeben. Und darauf hoffen wir natürlich.
Abschließend: Irgendwann wird möglicherweise auch einmal Dein Trikot unter dem Hallendach hängen. Hast Du schon konkrete Vorstellungen wie die Zeremonie aussehen soll?
Nein, so weit habe ich bis jetzt wirklich noch nicht gedacht. Es ist ein schöner Gedanke und da blicke ich auch stolz voraus. Aber für mich ist das noch weit weg.
Vielen Dank für Deine Zeit, Sandro! Wir wünschen dir alles Gute für die Playoffs und die Zeit danach.
Interview: Tobi Welck