Powerplay | Saison 2020/21 | Ausgabe 3
zum Athletiktrainer, zu dem ja alle gehen, bietet er sich lediglich an und arbeitet ausschließlich auf freiwilliger Basis mit den Spielern. Entweder, er kommt auf dich zu und fragt, ob man mal reden will, oder es gibt freie Termine, in die man sich eintragen kann. Das funktioniert nur auf freiwilliger Basis, weil das vom Spieler auch gewollt sein muss und er sonst zu macht und blockiert. Meistens trifft man sich zu Mental-Einheiten auch nicht in der Kabine oder im Stadion, sondern einzeln an einem neutralen Ort, an dem eine ent- spannte Atmosphäre herrscht. Es gibt aber auch Einheiten für die ganze Mann- schaft, das sind dann aber Sachen für den Teamspirit und fürs Teamgefüge. Da geht es darum, dass sich der eine auf den an- deren verlassen kann, alle gemeinsame Ziele verfolgen und wie die Mannschaft diese erreichen kann.“ Dass das nichts für jeden Spieler ist, weil auch jeder anders ist, sieht man an Bene- dikt Schopper, der wie Sebastian Vogl über einen großen Erfahrungsschatz ver- fügt. Er sieht es so: „Ich habe das auch versucht und das ist auch alles sehr inte- ressant, aber ich habe für mich gemerkt, dass das nichts für mich ist. Ein Mental- coach kann dir viel sagen, aber umset- zen muss es jeder selbst und das ist die Schwierigkeit an der Sache. Da habe ich einiges ausprobiert, denn ich bin ja ohne- hin ein Kopfmensch. Ich muss zugeben, dass ich meinen Kopf erst mit 33 Jahren einigermaßen unter Kontrolle gebracht und sozusagen meine innere Mitte gefun- den habe. Da spielen viele Faktoren mit rein: Manche ziehen Sportpsychologen zu Rate, andere können den Kopf einfach so abschalten. Ich kann das erst, seitdem ich in Straubing bin.“ Unterschiede auf den Positionen: Die Goalies Da Eishockeyspieler verschiedene Posi- tionen einnehmen und mit verschiedenen Situationen konfrontiert sind, kommt dem mentalen Faktor auch dadurch eine gro- ße Bedeutung zu. Eine besondere Rolle nehmen die Torleute ein, da sie ja keine Wechsel haben, sondern die ganze Zeit in ihrem Tor stehen. Die Schwierigkeiten hierbei kann Sebastian Vogl erklären: „Ich bewege mich jetzt mal auf dünnes Eis und hoffe, dass mir das von meinen Stürmerkollegen nicht negativ ausgelegt wird: Wenn man es neutral betrachtet, dann nimmt im Eishockey die zu leistende körperliche Arbeit - angefangen bei den Stürmern über die Verteidiger hin zu den Torhütern - von vorne nach hinten ab. Im gleichen Verhältnis nimmt aber das Pen- sum an mentaler Arbeit zu, die zu tragen- de Verantwortung und die Konsequenzen aus den eigenen Fehlern. Als Torhüter hat man einfach eine enorme Verantwortung fürs ganze Team und dazu muss man im Kopf stark sein. Da wir keine Wechsel ha- ben, stehen wir auch permanent im Fokus des Geschehens und haben auch dadurch einen ganz anderen mentalen Druck. Du kannst während eines Spiels nie abschal- ten und musst immer fokussiert bleiben, weil du ja schnell wieder gebraucht wer- den kannst. Lediglich in der Drittelpause und im Powerbreak hat der Kopf mal eine kurze Verschnaufpause, ich vergleiche das immer mit einem Drehzahlmesser: Wenn sich das Geschehen um meinen Torraum herum abspielt, dann ist er im roten Be- reich und wenn das Spiel auf der ande- ren Seite ist, dann fährt der Kopf quasi im unteren Drehzahlbereich. Die mentale Auf- merksamkeit ist immer noch da, nur etwas schwächer, muss aber konstant auf einem gewissen Niveau gehalten werden.“ Ganz anders stellt sich die Situation für einen Goalie dar, wenn er als Backup ins Spiel geht und dann plötzlich eingewech- selt wird, weil sich der Starter zum Bei- spiel verletzt hat. „Wenn ich auf der Bank bin, bin ich schon entspannter, als wenn ich im Tor bin“, berichtet Vogl und sagt weiter „Aber trotzdem fiebere ich mit, da bin ich zu sehr Teamplayer und versuche positiv auf die Mannschaft einzuwirken. Das hält mich auch im Spiel und hält mich bereit. Wenn man dann ins Spiel kommt, ist das immer eine besondere Situation. Das hatten wir letzte Saison ja ein paar Mal. Der Vorteil dabei ist, dass du dir gar nicht groß Gedanken machen kannst, son- dern du gehst rein und es geht direkt los. Dann gibt es nur noch einen Auftrag: Die Scheibe halten. Der Nachteil dabei liegt eher im körperlichen Bereich, da man ja nicht richtig warm und auch noch etwas steif ist.“ Da der Themenkomplex rund um die mentalen Aspekte des Eishockeysports so umfangreich und vielschichtig ist, werden wir einige Teilaspekte, vor allem was die Feldspieler betrifft, in Ausgabe 4 unseres Clubmagazins noch näher beleuchten. Armin Holl-Wagner Ausgabe 3 | Saison 2020/21 | Clubmagazin POWERPLAY | Straubing Tigers 85 ÜBER DEN TELLERRAND GEBLICKT
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