Powerplay | Saison 2021/22 | Ausgabe 6
Es gibt diese Geschichte aus der Saison 70/71, sie ist in Willi Lüdekings Eishockey- buch überliefert: TSV Straubing gegen die Düsseldorfer EG II, Aufstiegsrunde zur 2. Liga. Zum ersten Mal überhaupt ist der Pulverturm ausverkauft, über 3.000. Ein Straubinger wird benommen vom Eis geführt, und das Publikum brüllt nach Platzverweis und Elfmeter. Ich liebe diese Geschichte. Bis dahin war Straubing eine Fußballstadt. Elf Jahre spielten die Fußballer in der zweiten Liga, vor bis zu 10.000 im alten TSV-Stadion gegen Bayern, Sechzig und den Jahn. Aber nach der Saison mit den „Elfmeter!“- Rufen war die Eishockeyabteilung in der Zweiten Liga. Und auch, wenn es zu- nächst nur für zwei Jahre war: Straubing war jetzt eine Eishockeystadt. 80 JAHRE EISHOCKEY IN STRAUBING – EINE LIEBESERKLÄRUNG Es ist eine Liebe über Generationen. 50- und 60-jährige Menschen bekommen heute noch strahlende Augen, wenn sie erzählen dürfen, wie es damals war, als auf dem Heimweg plötzlich ein Auto neben ihnen hielt und Bob und Robin Laycock sie fragten, ob sie sie ein Stück mitnehmen sollen. Oder wie das da- mals mit Doug Kirton im Peaches war, und wie viele Apfelschorlen genau der junge Andy Lupzig nach dem Training im Gala am Stück getrunken hat, es waren übrigens fünf. Ein kleiner Standort bewahrt solche Ge- schichten, weil es an kleinen Standorten unzählige Menschen gibt, die eine sehr persönliche Beziehung entwickeln, zum Club, zum Stadion, zu den Spielern. Es muss nur einer an Günter Lupzigs Ge- burtstag „Oans, zwo, drei!“ bei Face- book posten, dann schreiben Menschen haufenweise „Gei Gei, Gei!“ drunter. Das ist doch wunderbar. 44 | www.tigershockey.de Straubing Tigers 80 Jahre Eishockey in Straubing Powerplay Dieser kleine, kaum 50.000 Einwohner große Standort hat etwas Erdiges. Fans und Spieler kennen sich, man spricht und lacht miteinander. Ein Kölner Spieler hat einmal erzählt, wie vor einem Gastspiel in Straubing plötzlich ein Auto neben ihm stoppte und der Fahrer „heid griagts a Klatschn, aber a richtige!“ rief. In Köln, sagte der Spieler, hätte ihn keiner er- kannt. Und da ist dieses Stadion, dieser Pulverturm. Im Grunde fehlt jeder Chic: zusammengestückelt in 60 Jahren, hier eine Tribüne aus den 70ern, dort den 90ern, und Kabinen gibt’s auch, nur halt nicht genug; aber das wird schon noch.
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